Recht und Regelwerk

Recht und Regelwerk | Sichere Leitungsrecherche

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Fragen zur sicheren Leitungsrecherche und -auskunft für Bautätige und Netzbetreiber

 

Besteht für Bautätige eine gesetzliche Verpflichtung zur Einholung einer Leitungsauskunft?

Nein, gesetzliche Regelungen gibt es nicht, jedoch technische Regelwerke (DVGW GW 118, DVGW GW 315 (A) und DVGW GW 129) und zahlreiche Gerichtsurteile, die sich mit dem Thema befassen. Diese berufen sich gem. § 823 BGB auf eine sogenannte Verkehrssicherungs- bzw. Sorgfaltspflicht für denjenigen, der eine Gefahrenlage schafft (Palandt, 75. Auflage, § 823, Rn. 46). Das gilt insbesondere auch für Tiefbaumaßnahmen. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen, um eine Schädigung anderer zu vermeiden. Das Tiefbauunternehmen ist also verpflichtet, sich nach etwaigen unterirdisch verlegten Leitungen zu erkundigen, um sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung Kenntnisse darüber zu verschaffen, die eine sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt (BGH, Urteil vom 15.07.2003, VI ZR 155/02; BGH, Urteil vom 20.04.1971, VI ZR 232/69; OLG Dresden, Urteil vom 25.11.2015, 1 U 880/15; OLG Brandenburg, Urteil vom 05.04.2017, 4 U 24/16). Das betrifft sowohl private, als auch öffentliche Flächen. Insoweit ist es für den Bauunternehmer zwingend notwendig, etwaige Leitungsauskünfte einzuholen, um gegebenenfalls Haftungsansprüchen zu entgehen.

Ist der Leitungsnetzbetreiber zur Leitungsauskunft gesetzlich verpflichtet? Und wann ist für den Netzbetreiber bei Bauschäden eine Mitschuld anrechenbar?

Ja, der Leitungsnetzbetreiber ist dazu verpflichtet, über seine Leitungen Auskünfte an Dritte zu erteilen, sofern diese ein berechtigtes Interesse vorweisen. Die Auskunftsverpflichtung der Versorgungsunternehmen, die für die Infrastrukturleitungen zuständig sind, ergibt sich aus einem möglichen Mitverschulden, wenn sie dem Auskunftsbegehren nicht oder nicht in geeigneter oder ausreichender Form nachkommen. § 254 BGB macht die Verantwortlichkeit des Geschädigten (d. h. in diesem Fall des Netzbetreibers selbst) von seinem Verhalten in Bezug auf die Entstehung des Schadens abhängig. Grundsätzlich trägt der Leitungsnetzbetreiber eine Mitschuld, wenn er seiner Auskunftsverpflichtung nicht in geeigneter oder ausreichender Form nachkommt. In der Praxis können vollständiges Fehlen von Versorgungseinrichtungen im Planwerk oder Fortführungs- und Aktualisierungsversäumnis (z. B. bei Verlegung von Leitungen) zu einer Mitschuld des Leitungsbetreibers führen.

Gibt es gesetzliche Regelungen bei abweichender Leitungslage?

Nein, gesetzliche Vorgaben für abweichende Leitungslagen existieren nicht. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat jedoch in verschiedenen Entscheidungen Grenzen gesetzt, auf welche sich die Gerichte regelmäßig beziehen. Abweichungen in horizontalen Lage von Leitungen werden bis zu drei Metern akzeptiert, sofern auf die ungenaue Leitungslage hingewiesen wird (OLG Nürnberg). Bei Abweichungen in vertikaler Lage gibt es keine gesetzliche Verpflichtung. Es werden jedoch DIN-Normen zugrunde gelegt, die jedoch große Spielräume vorsehen.